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„DIESER M5 GENERIERT STÄNDIG SCHÖNE ERLEBNISSE.“

„DIESER M5 GENERIERT STÄNDIG SCHÖNE ERLEBNISSE.“

7 min Lesedauer

Jörg Weidinger und sein BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport"

Nur 20 Exemplare wurden gebaut: BMW M Entwicklungsingenieur Jörg Weidinger im Interview über seinen BMW M5 E34 „20 Jahre BMW Motorsport“.

14. Juli 2022

Die BMW M5 Sonderedition „20 Jahre BMW Motorsport“ zählt zu den seltensten M Automobilen. Nur 20 Exemplare wurden gebaut. Eins davon gehört dem BMW M Entwicklungsingenieur und ehemaligen Rennfahrer Jörg Weidinger. Im Interview erzählt er, wie er zu dem nur in limitierter Zahl produzierten Fahrzeug kam, was die Faszination an diesem besonderen M5 ausmacht und warum das seltene Stück artgerecht bewegt werden muss.

BMW M Magazin: Sie sind mitverantwortlich für die Entwicklung der Fahrdynamik bei BMW M – was genau sind Ihre Aufgaben?

Jörg Weidinger: Ich bin in unserem Fahrdynamik-Team für die Fahrwerkabstimmung der mir zugeordneten Modelle in ihrer Gesamtheit verantwortlich. Zuletzt war das der BMW M4 CSL. Ich kümmere mich sozusagen um die Definition und Umsetzung der gesamten Bandbreite an Fahrdynamik, egal ob Komfort oder Auswirkung der Aerodynamik auf die Fahrdynamik, inklusive der Rennstreckenperformance des Fahrzeugs.

JÖRG WEIDINGERS REKORDRUNDE IM NEUEN BMW M4 CSL.

JÖRG WEIDINGERS REKORDRUNDE IM NEUEN BMW M4 CSL.

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Jörg Weidinger zeigt die besonderen Sitzbezüge mit M Emblem seines BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport".

Wie lange sind Sie schon bei BMW M?

Ich bin seit 2013 bei BMW M. Vorher war ich nach einem tollen Berufseinstieg in der Vorentwicklung (BMW Technik GmbH) einige Jahre in der Fahrwerkentwicklung der BMW AG tätig, bevor ich dem Ruf zu BMW M folgte. Und es gab nicht wenige Kollegen, die damals der Meinung waren, da gehöre ich hin. Und nachdem ich fast zehn Jahre später immer noch da bin, scheinen sie recht gehabt zu haben!

Blick in den Innenraum des BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport".
Das Heck des BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport" von Jörg Weidinger.

Herr Weidinger, Sie sind Besitzer eines sehr seltenen Sondermodells von BMW M: Es handelt sich um die BMW M5 Edition „20 Jahre BMW Motorsport“ der zweiten BMW M5 Generation, E34. Wie kam es dazu?

Das Fahrzeug war vor circa 15 Jahren tatsächlich in den BMW internen Kleinanzeigen inseriert. Ein Kollege aus dem Werk Dingolfing besaß und hegte den M5, wollte sich aber nach langer Überlegung davon trennen. Speziell von diesem Sondermodell hatte ich nie vorher gehört, und so bedurfte es keiner langen Überlegung zum Kauf, zumal der Preis selbst für damalige Verhältnisse äußerst in Ordnung war.

Mich hatte der M5 E34 schon seit meiner Lehrzeit bei BMW Anfang der 90er extrem fasziniert, was sicher zum Teil auch daher kam, dass ich als 16-jähriger Azubi bei einem Mitarbeitertag im Werk Regensburg mit DTM-Werksfahrer Jockel Winkelhock eine Taxifahrt in einem daytona-violetten M5 E34 auf der Einfahrbahn erleben durfte. 

Die Plakette im Innenraum des BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport": Er ist Nummer 12 von 20.

Ein M5 E34 in Mugellorot dürfte auf allen Straßen ein echter Hingucker sein. Was fasziniert Sie an diesem Fahrzeug besonders?

Es ist neben dem M5 E34 im Allgemeinen hier vor allem der geschichtsträchtige Motor, ganz klar die Seltenheit dieses Sondermodells. Aber auch die konsequente Umsetzung der Idee, von besonderen Recaro-Sitzen mit eigenen Bezugsstoffen über die roten Gurte mit BMW Motorsport Schriftzügen, vielen weiteren Details und bis hin zur Adaption der zu der Zeit wirklich besonderen Außenspiegel vom damaligen M3 E36.

1992 wurden nur 20 Exemplare dieser Edition gebaut. Kaum eine BMW Sammlung besitzt ein solches Fahrzeug – was es besonders wertvoll macht. Wird Ihr M5 trotzdem regelmäßig bewegt?

Er wird bewegt, aber das inzwischen nicht mehr so häufig, wie ich es mir vorstelle. Inzwischen sind wirklich gute M5 E34 allgemein schon sehr rar geworden, von diesem speziellen Derivat habe ich, solange ich denken kann, kein zweites im Straßenverkehr gesehen. Die Seltenheit und somit gefühlte Unersetzbarkeit schränken die Verwendung zum Fahren inzwischen schon ein bisschen ein. Aber ich habe zum Glück noch ein paar andere historische BMW Fahrzeuge im Fuhrpark, die deutlich mehr zum täglichen Einsatz kommen, aktuell als Alltags-Oldies einen 2000 tii von 1971 und einen 323i von 1985.

Jörg Weidinger und sein BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport". Der Reihen-6-Zylinder leistet 340 PS.

Mit 340 PS aus dem 3,8 Liter großen Reihen-Sechszylinder-Motor war der BMW M5 E34 Anfang der 1990er-Jahre eine der schnellsten Limousinen der Welt. Wenn Sie sich mal hinter das Steuer setzen, geben Sie auch heute noch richtig Gas oder schonen Sie das seltene Sammlerstück?

Nein, wenn er gefahren wird, dann wird er – sobald er warm gefahren ist – artgerecht bewegt, ohne Frage! Der Motor ist dafür konstruiert, auch die ganze Auslegung des Antriebs giert nach Drehzahl anstatt lastlosem Dahinrollen. Man merkt bereits im Leerlauf, dass da ein Sportmotor alter Schule arbeitet: Der für heutige Verhältnisse sicherlich „unruhige“ Leerlauf erzählt dem Autofan auf seine Art schon vor dem ersten Losrollen von sportlichen Ventilsteuerzeiten. Aber so war das damals, und keiner wäre auf die Idee gekommen zu fragen, ob denn das so sein muss!

Wie fühlt sich die Leistung heute an – umgeben von aufgeladenen V8-Motoren in Serienfahrzeugen, die teilweise mehr als 600 PS entwickeln?

Es handelt sich um eine völlig andere Epoche, dessen muss man sich klar sein. Und wie gesagt um eine komplett andere Philosophie des Motors. Mit der Erwartungshaltung und der Fahrstrategie, die für heutige Fahrzeuge passt, wird man erst mal enttäuscht sein, wenn man keine Fahrzeuge aus der vergangenen Generation kennt. Denn „untenrum“ kommt vielleicht weniger als bei heutigen „Brot-und-Butter-Autos“, der Motor braucht Drehzahl. Denn das hier ist ein gezähmter Rennmotor, der ursprünglich in den 70er-Jahren aus der Hand von Paul Rosche und seinem Team für den legendären M1 entstand. Aber wenn man das Auto mit Mitbewerbern aus seiner Generation vergleicht, dann wird einem schnell klar, dass so ein M5 mit 340 PS damals Ende der 80er, Anfang der 90er ein verdammt heißes Eisen war!

Der BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport" im Halbprofil im Studio.

Was war Ihr schönstes Erlebnis mit dem Fahrzeug?

Das Auto generiert ständig schöne Erlebnisse, egal ob man es nur ansieht, putzt oder es fährt. Obwohl der E34 an sich erst auf dem Weg zum Oldtimer ist, erzeugt man in der Öffentlichkeit öfter als gedacht Rückfragen und bekommt positives Feedback. Eins der besonderen Erlebnisse für das Auto und mich war aber sicher eine Fotoproduktion für die Zeitschrift „sport auto“ zur Vorstellung des F90 M5 Competition vor einigen Jahren, in der mein M5 eine tragende Rolle spielte.

BMW M5 E34 "20 Jahre BMW Motorsport" Rückleuchte und M5-Emblem.

Muss ein konsequent sportliches Fahrzeug Ihrer Meinung nach ein Zweisitzer sein? Oder ist ein Modell wie der BMW M5 genauso ein vollwertiger Sportwagen?

Ich persönlich liebe einerseits die Philosophie des Understatements, die wir bei BMW M damals hatten und auch heute noch pflegen! Eine vollwertige Limousine, in Bezug auf Platz und Langstreckentauglichkeit ohne spürbare Einschränkungen, das aber verbunden nicht nur mit dem Antrieb, sondern auch dem Fahrgefühl eines höchst sportlich geprägten Fahrzeugs, das mag ich! Aber diese Philosophie schließt für mich nicht aus, dass ich mir bei uns im Hause auch einen nochmal deutlich konsequenteren Sportwagen vorstellen könnte und die Arbeit daran lieben würde.

Ihr BMW M5 Sondermodell von 1992 heißt „20 Jahre BMW Motorsport“ – 2022 feiert BMW M sogar schon das 50-jährige Jubiläum. Was hat sich Ihrer Meinung nach in den dazwischenliegenden 30 Jahren in Sachen Motorsport besonders verändert – oder auch nicht?

Ich selbst betreibe nun seit 28 Jahren aktiv Motorsport, nebenbei bemerkt quasi ausschließlich in Fahrzeugen unserer Marke, von daher kann ich dazu einen guten Vergleich ziehen, denke ich. Einfach gesagt ist es immer noch so, dass der gewinnt, der als Erstes über die Linie fährt! Aber im Detail ist es komplizierter, da im Motorsport – wie in jedem anderen Lebensbereich auch – heute versucht wird, jede Art von Zufall und Risiko auszuschließen. Die Fahrzeugtechnik an sich, die Einsätze durch die Teams, die Strecken, die Organisation außenrum, alles hat ein großes Maß an Perfektion erreicht.

Es gibt im professionellen Motorsport nahezu keine vom bekannten Weg extrem abweichenden Konzepte mehr, fast keine „Bastler“ und Garagenteams, dadurch quasi keine technischen Ausfälle mehr, so gut wie keine Teamfehler. Die meisten Strecken sind auch weit über den Streckenrand hinaus mehr als sicher, sodass der Job aller Beteiligten viel mehr darauf ausgelegt ist, zu jeder Sekunde zu 100 Prozent abzuliefern, um dann mit etwas Glück bei Taktik, Wetter oder der Balance of Perfomance (BoP) zu gewinnen.

Früher waren die Zeitabstände größer, die Zufälle weit mehr, der Fahrer musste auch mal Probleme umfahren, das Team improvisieren, und man hatte trotzdem noch eine Siegchance. Das Ganze immer begleitet vom Wissen, dass ein Fehler auch der letzte Fehler gewesen sein könnte. Aber natürlich war das Risiko weit höher. Ich denke, manchmal wäre ein Mittelweg, der die technische Perfektion etwas rausnimmt, der bessere Weg. Aber besonders wir Europäer lieben wohl einfach unseren Ingenieurs-Motorsport, dürfen aber dabei den Zuschauer nicht vergessen, der einfach nur geile Zweikämpfe, manche Unwägbarkeiten und vor allem ehrliche Rennen ohne Eingriffe von außen sehen will.

Was sind Ihre persönlichen Highlights aus 50 Jahren BMW M, die Ihnen spontan in den Kopf kommen?

Oh, persönliche Highlights gibt es da unendlich viele! Ganz weit ragt sicherlich die Fahrt zum Rekord auf der Nordschleife mit dem M4 GTS im Jahr 2016 heraus. Weiterhin auch der verdammt coole Renneinsatz beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring 2021 zusammen mit unserem damaligen Geschäftsführer Markus Flasch sowie dem Duo Matthias Malmedie und Niki Schelle, wir hatten sehr viel Spaß. Aber auch neben diesen Highlights hatte ich das Glück, in all meinen bisherigen Jahren bei BMW M immer ganz besondere Projekte zu haben, die ich mit echt tollen Kollegen mit viel Herzblut und Teamgeist in Serie bringen durfte!

Und nebenbei gab und gibt mir BMW seit vielen Jahren immer wieder die Gelegenheit, auch in Rennautos sitzen zu dürfen und Erfahrungen und Wissen einbringen zu können. In Summe also alles genau so, wie ich es in meinem Wunschtraum als 16-Jähriger damals im ersten Lehrjahr bei BMW beschrieben hätte!

JÖRG WEIDINGER.

Jörg Weidinger

Rennsport-Know-how und Entwicklungskompetenz: Jörg Weidinger arbeitet seit über 20 Jahren für BMW und seit 2013 bei der M GmbH. Der ehemalige Rennfahrer ist bis heute erfolgreich im Motorsport tätig. Ob Bergmeisterschaften oder 24-Stunden-Rennen, Tourenwagen oder Rennwagen: Jörg Weidinger steuerte bereits die unterschiedlichsten Fahrzeuge ins Ziel. Er ist ein vielseitiges Fahrertalent und weiß genau, wo die letzten Zehntel zu holen sind.

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