Es gibt Automobile, die ihr Dasein immer ein wenig im Schatten ihrer größeren, stärkeren oder schnelleren Verwandten fristen. Nicht selten zu Unrecht, wie der BMW M3 E46 Competition von BMW M Entwicklungsingenieur Klaus Huber beweist. Das Modell ist nicht nur zeitlos schön und M typisch schnell, es ist in dieser Konfiguration auch beeindruckend selten. Wir haben uns mit dem Fahrdynamikexperten und M3 Enthusiasten zu einem Interview getroffen.
BMW M Magazin: Herr Huber, Sie sind Besitzer eines BMW M3 E46 mit Competition Paket. Erzählen Sie doch mal!
Klaus Huber: Der BMW M3 ist und war schon immer mein Traumauto. Besonders stimmig finde ich das M3 E46 Modell: klein, kompakt, handlich, hochdrehender Reihen-Sechszylinder-Saugmotor – einfach toll. Ich war daher schon länger auf der Suche nach so einem Fahrzeug. Ultimativ wäre natürlich der BMW M3 CSL gewesen, aber als rares Sammlerauto werden hier mittlerweile astronomische Preise aufgerufen. Doch Kenner wissen: Das Competition-Modell verfügt über einige Inhalte des CSL. Und so habe ich mich bei der Suche auf diese Variante konzentriert, was vor etwas mehr als drei Jahren dann auch zum Erfolg führte.
Wie hat das Fahrzeug den Weg zu Ihnen gefunden?
Im Juni 2020 habe ich das Auto zusammen mit meinem Sohn in Österreich gekauft. Das war mitten in der Zeit der Pandemie und der Lockdowns – die Grenzkontrollen waren daher dementsprechend scharf. Logistisch war die Überführung nach Deutschland also etwas aufwendiger, als ich mir das vorgestellt habe. Aber es hat sich gelohnt: Dieses Modell wurde nie im Winter gefahren, war super gepflegt und hatte mit der Lackierung in Silbergrau metallic auch die originale CSL-Farbe und darüber hinaus genau die Ausstattung, die ich mir gewünscht hatte.
5 STARKE FAKTEN:
- Offizieller Modellname: BMW M3 E46 mit Competition Paket
- Leistung: 252 kW (343 PS)
- Viele Ausstattungsmerkmale aus dem BMW M3 CSL
- Lackierung: Silbergrau metallic
- Extrem rar: Weniger als 400 Exemplare wurden gebaut
Was fasziniert Sie an diesem Fahrzeug besonders?
Die technischen Feinheiten, die er mit dem M3 CSL gemein hat. Da wäre etwa die direktere Lenkübersetzung, die größere Bremse oder die Abstimmung der Federn und Dämpfer inklusive der dezenten Tieferlegung. Das alles führt zu einem Fahrgefühl, das ich ohne jeden Zweifel als CSL-light bezeichnen würde. Die schönen Speichenfelgen im CSL-Style unterstreichen auch optisch die Leistungsfähigkeit und Nähe zum Topmodell. Und dann gibt es so ein kleines Detail, das es bei aktuellen Autos schlicht nicht mehr gibt: die elektrisch betriebenen Ausstellfenster für den Fond. Werden sie geöffnet, hat man im Sommer immer kühle Luft ohne Durchzug und man hört den fantastischen Motorsound noch besser. Ein tolles Feature, ich liebe es.
Das Auto vermittelt ein Fahrgefühl wie ein kleiner BMW M3 CSL. Und das ist er im Grunde ja auch.
Was hat es mit der Taste auf der rechten Speiche des M Lenkrads auf sich, die es nur bei dieser Modellvariante gibt?
Hinter diesem besonderen Alcantara-Lenkrad mit der einzelnen Taste verbirgt sich der M Fahrdynamic Mode, der im BMW M3 E46 zum ersten Mal in der Geschichte von BMW M zur Anwendung kam. Wird er aktiviert, hält sich das Regelsystem DSC zurück, die Dynamik und die Freiheitsgrade für den Fahrer werden erhöht, ohne auf den sogenannten Rettungsanker bei drohender Schleudergefahr zu verzichten. Für versierte Fahrer bedeutet das schlicht mehr Fahrspaß, da das Auto sehr einfach zu beherrschen ist. Der praktische Schnellaufruf des Systems über den Button war nur im M3 CSL und dem Competition Modell verbaut.
Der BMW M3 mit Competition Paket wurde nur etwas mehr als 300-mal gebaut, er ist dementsprechend wertvoll. Wird das Modell trotzdem regelmäßig bewegt?
Ich habe das Fahrzeug gekauft, weil ich damit wirklich Spaß haben will. Heißt, ich fahre das Auto und genieße jeden Kilometer, vor allem in den Alpen. Ein Daily-Driver ist der M3 aber nicht. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, 2.000 bis 3.000 Kilometer kommen jährlich auf jeden Fall hinzu.
Planen Sie auch die eine oder andere Runde auf einer Rennstrecke?
Nein, Rennstrecke fahre ich damit nicht. Für solche Zwecke würde ich mir eher ein reines Track-Tool bauen. Den BMW M3 Competition möchte ich Original belassen und ihn im Serienzustand auf der Straße genießen.
Wie fühlt es sich an, ein bereits zwei Jahrzehnte altes High-Performance-Fahrzeug im Straßenverkehr zu bewegen?
20 Jahre sind eine Menge, ja! Aber das Fahren an sich ist immer noch fantastisch. Das Fahrgefühl ist sehr intensiv, Das Auto gibt dir eine sehr gute Rückmeldung, was den Motorresponse, die Bremse und die Lenkung betrifft, und das wirkt sich unmittelbar auf das Geschwindigkeitsgefühl aus. Auf der Landstraße fühlt man den Speed einfach viel intensiver als beispielsweise mit einem modernen Fahrzeug. Das Handling und die Agilität überzeugen unter anderem auch durch die kompakten Abmessungen. Verglichen mit einem aktuellen BMW M3 G80 ist die Gesamt-Performance natürlich deutlich geringer, gar keine Frage. Ich kenne die neuen Modelle durch unsere Entwicklungsarbeit sehr, und der Unterschied, der sich eben aus zwei Jahrzehnten Entwicklungsarbeit ergibt, ist schon enorm. Aber gerade am Kontrast des Fahrerlebnisses dieser beiden Generationen finde ich Gefallen. Am Ende kommt es auf den Fahrspaß an.
Ich liebe die Agilität des E46, aber mich beeindruckt auch die Performance aktueller M Modelle. Am Ende kommt es auf den Fahrspaß an.
Wird das besondere Modell von anderen Menschen auf der Straße erkannt oder ist dieser M3 nur was für echte Kenner?
In dieser originalen Konfiguration ist er schwer zu erkennen, da man die CSL-Felgen und die leichte Tieferlegung auch an vielen „normalen“ BMW M3 E46 Modellen sieht. Dennoch sind viele Leute begeistert, wenn sie meinen M3 sehen, da er neben den genannten Features auch die schöne silbergraue Lackierung hat und in einem sehr guten Zustand ist. Wenn mich Leute auf der Autobahn sehen und mir den Daumen hoch geben, freut mich das natürlich immer!
Der E46 ist ja bereits ein Youngtimer. Worauf achten Sie, wenn Sie das Fahrzeug einmal längere Zeit stehen lassen? Gibt es beim M3 E46 ein spezielles „Pflegeprogramm“, das jeder Besitzer kennen sollte?
Meine Standardprozedur im Herbst ist relativ einfach: Das Auto wird noch einmal gründlich gewaschen, dann erhöhe ich den Reifendruck aller vier Räder auf 3,2 bar, um keine Reifenschäden während der Standzeit zu riskieren. Anschließend wandert er in meine Garage. Alle vier Wochen lade ich die Batterie ein wenig nach, um auch hier keine Schäden zu haben. Aufgrund der relativ geringen Kilometerleistung mache ich in der Regel alle zwei Jahre einen Ölwechsel – natürlich mit dem Originalmotoröl.
Als Leiter Fahrdynamikabstimmung und Reifenentwicklung bei BMW M sind Sie tief in die Entwicklung aktueller BMW M Modelle involviert: Was hat sich in 20 Jahren Entwicklung vor allem an den Autos verändert?
Wirklich einiges, teilweise fundamental. Das zunächst Augenscheinlichste ist vielleicht, dass die neuen BMW M Modelle größer und auch etwas schwerer geworden sind – aus Gründen der aktiven und passiven Sicherheit sowie der gesetzlichen Regularien. Trotzdem sind die Fahrzeuge markentypisch extrem agil, leichtfüßig und zeichnen sich durch ein intensives und hochemotionales Fahrgefühl aus. Die reine Fahrdynamik wurde, wie bereits erwähnt, massiv gesteigert. Ob es um Rundenzeiten auf dem Hockenheimring, der Nürburgring Nordschleife oder um reine Längs- und Querdynamikmessungen geht – die Autos sind deutlich schneller als vor 20 Jahren, sie sind deutlich präziser zu fahren und die Karosseriebewegungen signifikant geringer.
Nun, woran liegt das? Viele einzelne Maßnahmen haben dazu geführt: Angefangen bei einem sehr steifen Chassis, das punktuell gegenüber der Basis signifikant versteift wurde und einen harmonischen Steifigkeitsverlauf aufweist. Darauf ist eine Entwicklung hochperformanter Räder und Reifen möglich, die in der Dimension genau auf das Fahrzeugprojekt ausgelegt wurden. Die Fahrwerkshardware, wie Achskinematik und Elastokinematik, Lenkung und Federung sowie Dämpfer werden und wurden deutlich weiterentwickelt, inklusive der Softwareapplikationen.
Zuletzt kommen noch die Fahrstabilisierungssysteme wie ABS oder DSC hinzu, die in ihrer Feinfühligkeit nahezu perfekt geworden sind. War man vor 20 Jahren noch mehr oder weniger gezwungen, das DSC auszuschalten, um wirklich dynamisch zu fahren und letztlich auch schnelle Rundenzeiten zu erreichen, ist die Regelgüte und Balance heutiger Systeme so gut, dass sie zur perfekten Runde eher beitragen – man lässt das System einfach eingeschaltet. Das ABS ist in einem modernen BMW M so weit fortgeschritten, dass Bremsmanöver in die Kurve hinein problemlos möglich sind, die Autos bleiben stabil, agil und somit sehr schnell. Und um noch auf den M Dynamic Mode zu kommen: In einem aktuellen BMW M3 G80 Modell ist die Balance aus Stabilität und Agilität für M3 Enthusiasten schlichtweg herausragend, die Präzision, Kontrollierbarkeit und am Ende die Fahrfreude begeistern.
Hat der M3 Competition oder ein anderes ikonisches M Automobil Sie schon einmal bei der Entwicklung eines neuen Modells inspiriert?
Absolut. Denn der Grundgedanke bei BMW M ist seit über 50 Jahren derselbe geblieben: Das Entscheidende ist, wie sich das Auto beim Fahren anfühlt. Die Wendigkeit, Agilität und Dynamik, die etwa ein Fahrzeug wie der BMW M3 E46 mitbringt, müssen auch in den neuen, größeren Modellen spürbar sein, natürlich in einer neuen Dimension. Technisch wird dieses Fahrgefühl heute mit anderen oder neuen Mitteln umgesetzt – Thema Karosseriesteifigkeit, Achsgeometrie, Reifenperformance, intelligenter Allradantrieb oder Allradlenkung. Aber wir transportieren unseren Anspruch an die Dynamik immer in neue Projekte, wie etwa den kommenden BMW M5. Auch er wird die BMW M Attribute wie Leichtfüßigkeit, Präzision, Vorhersehbarkeit in überzeugender Art und Weise transportieren und sich am Steuer deutlich leichter anfühlen, als er in Wirklichkeit ist.
Welche Gedanken haben Sie als Fahrdynamikexperte beim batterieelektrischen Antrieb?
Der batterieelektrische Antrieb bietet tatsächlich sehr viele Möglichkeiten, die Fahrdynamik noch weiter zu verbessern, Regelsysteme noch feinfühliger auszulegen, die Rückmeldung an den Fahrer noch präziser zu gestalten. Das machen wir uns – gerade bei BMW M – besonders zunutze, um den Modellen die M typische Fahrdynamik anzutrainieren. In Zukunft auch im High-Performance-Bereich.
Was ist Ihr aktuelles Projekt bei BMW M?
Neben dem BMW M5 G90 und M5 touring G99 arbeite ich aktuell auch am Projekt Neue Klasse mit M Ausprägung, zudem sind natürlich auch Nachfolger der X Baureihe angedacht. Diverse Sondermodelle sind auch noch zu nennen. Die sind immer das Zuckerl jeder Baureihe!
Herr Huber, jetzt müssen Sie sich entscheiden:
Heck- oder Allradantrieb?
Heckantrieb!
Turbo- oder Saugmotor?
Saugmotor in der Vergangenheit, Turbo in aktuellen Fahrzeugen, das passt aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen
Zwei- oder Viersitzer?
Vier sind besser als zwei.
Handschaltgetriebe oder Automatik?
Ich mag es puristisch und manuell.
Modus SPORT oder COMFORT?
30:70 – ein BMW M muss immer auch sehr gut im Alltag funktionieren!
Coupé oder Limousine?
Ich mag beide Karosserieformen. Aber die M3 Limousine finde ich absolut cool.
Vielen Dank für das Interview!